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Das Auto ist im ländlichen Raum oft unverzichtbar. Das ÖPNV-Angebot reicht meist nicht aus, um jederzeit die Wege zur Arbeit oder zur Schule, zum Sport oder zu sonstigen Vereins- oder Freizeitaktivitäten ohne Auto zu bewältigen. Um bei Einkäufen und Besuchen darauf verzichten zu können. Die alltäglich notwendigen Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erledigen, ist nicht immer eine mögliche Alternative. Für viele mobilitätseingeschränkte oder ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger gar keine.

Die Nutzung eines Autos und Nachhaltigkeit stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander. Ein gut ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr trägt zur Nachhaltigkeit und zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Deshalb gilt es, das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln zu erweitern. Eine scheinbar einfache Erweiterungs-Lösung, mehr Linien, mehr Haltestellen, mehr Busse, kürzere Taktzeiten, eine Ausweitung des Angebots in den Abend- und Nachtstunden, an Sonn- und Feiertagen, die Einstellung von zusätzlichen Fahrerinnen und Fahrern, scheitert nicht nur am Geld. Sie wäre auch nicht nachhaltig. Es macht ökologisch und ökonomisch keinen Sinn, zu Zeiten mit wenig Fahrgästen, ein großes Liniennetz mit fast leeren Bussen zu bedienen. Die Aufgabe heißt, nach innovativen Lösungen zur Erweiterung des ÖPNV-Angebots Ausschau zu halten.

Eine innovative und erfolgreiche Lösung in der Samtgemeinde, die auf ehrenamtlichem Engagement, Spenden, Sponsoren und finanzieller Unterstützung von Samtgemeinde und Landkreis beruht, ist der Hager Bürgerbus, getragen vom Bürgerbus Hage. e.V. Das Angebot kann erweitert werden. Allerdings nur, wenn sich noch mehr Bürgerinnen und Bürger der Samtgemeine engagieren und wenn insbesondere weitere ehrenamtlich tätige Fahrerinnen und Fahrer gewonnen werden können.

Eine nachhaltige Verbesserung des ÖPNV-Angebotes erfordert, den Bedarf der Bürgerinnen und Bürger und das Angebot zeitnah und flexibel aufeinander abzustimmen. Das wird unter dem Stichwort on-demand-ridepooling diskutiert. Das Grundkonzept ist einfach und überzeugend: Fahrtwünsche werden über eine App angemeldet. Das Buchungssystem, der der App zugrundeliegenden Algorithmus, bündelt und optimiert den Bedarf und schlägt Zeit und Ort vor, wann und wo ein Zustieg möglich ist. Ohne einen starren fahrplan- und haltestellengebundenen Linienverkehr.

Damit auch die – nicht nur älteren – Menschen, die kein Smartphone besitzen oder aus sonstigen Gründen keinen Zugang zur Welt der Apps haben, das Angebot trotzdem nutzen können, sollte auch eine telefonische Buchung möglich sein. Das erfordert Personal in einer Leitzentrale, versursacht Kosten. Insbesondere dann, wenn ein Telefonservice nicht nur während üblicher Bürozeiten gewährleistet werden soll. In manchen Projekten und Modellvorhaben ist die Möglichkeit einer telefonischen Buchung gar nicht erst enthalten. Allerdings steht zu erwarten, dass, gestützt auf KI (künstliche Intelligenz), Fahrtwünsche auch telefonisch durchgegeben werden können – ohne einen Menschen am anderen Ende der Leitung.

Deutschlandweit, aber auch weltweit, laufen zahlreiche Projekte und Modellvorhaben zu einem flexiblen ÖPNV-Bedarfsverkehr. Die Zukunft wird zumeist in E-Fahrzeugen gesehen, die autonom, also ohne Fahrerin oder Fahrer, unterwegs sind, überwacht aus einer Leitzentrale. Dabei soll es nicht darum gehen, gut ausgelasteten Linienverkehr von Bussen und Bahnen zu ersetzen, sondern in den Bereichen und zu den Zeiten zu ergänzen, in denen deren Einsatz nicht sinnvoll ist. Auch rein privatwirtschaftliche Vorhaben wie z. B. Robotaxis, fahrerlose kommerzielle Taxiangebote, sind am Start.

Ob und wann allerdings vollmundig angekündigte Visionen wie beispielsweise von Elon Musk Wirklichkeit werden, dass Tesla-Auto-Besitzerinnen und -Besitzer demnächst ihre Autos nachts oder während ihrer Arbeitszeit autonom als Robotaxis „arbeiten“ lassen können und damit Geld einnehmen, ist noch nicht ausgemacht. Und ob es bei einer möglichen Realisierung ein ernsthaftes Ergänzungsangebot zum ÖPNV darstellen könnte, erst recht nicht.

Auch ob beispielsweise ein ehrgeiziges Projekt Hamburgs erfolgreich realisiert werden kann, wird sich erst noch zeigen. Bis 2030 sollen bis zu 10.000 autonom fahrende Shuttle-Busse (eine Flotte unterschiedlicher Elektrobusse mit bis zu 15 Plätzen) für die Hochbahn AG auf den Straßen sein. Damit soll der ÖPNV-Anteil von derzeit gut 20 auf 30 Prozent erhöht werden. Und auch in den Außenbezirken soll von morgens bis in die Abendstunden hinein innerhalb von Minuten ein ÖPVN-Angebot möglich werden. Der „Hamburg-Takt“, der auch einen Fahrplan überflüssig machen soll.

Keine Frage, da wird viel Zukunft gehandelt und manche Ideen und Projekte werden sich als zu optimistisch oder gar als Flop erweisen. Und Fahrzeuge, die jederzeit und überall jede denkbare Fahrsituation autonom meistern können, sind noch gar nicht auf dem Markt. Dennoch, derartige Mobilitätskonzepte sind zukunftsfähig. Wie hoch allerdings am Ende die Entwicklungskosten, die Investitionen in einen neuen Fahrzeugparkt und die laufenden IT- und Instandhaltungskosten sein werden, ist auch noch nicht ausgemacht. Eine neue Tarifstruktur für den „Hamburg-Takt“ und die autonomen Shuttle-Fahrten festzulegen, soll erst ein Ergebnis des laufenden Projektes sein.

Dass gerade die Bürgerinnen und Bürger, die am meisten auf ein ÖPNV-Angebot angewiesen sind, oftmals auf Grund ihrer Einkommenssituation besonders preissensibel sind, ist hinlänglich bekannt. Was auch bei neuen Mobilitätskonzepten zu der alten Frage führt: Wer trägt die Kosten? Wie hoch sollen die Fahrpreise sein, wie hoch die Subventionen?

Das gilt auch für Konzepte wie beispielsweise ein ÖPNV-Taxi, eine Verknüpfung privater Taxi-Angebote mit dem ÖPNV. Die Grundidee: Wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist (z. B. eine Stunde) ein ÖPVN-Angebot zur Verfügung steht, darf ein Taxi angefordert werden. Mittels App oder auch telefonisch. Aber dann und nur dann. Das Taxi bietet dann den Anschluss zum nächsten ÖPNV-Angebot. Es kann auch eine reine Taxifahrt werden, wenn in der zulässigen Zeitzone kein ÖPNV-Angebot besteht. Ein Recht, rund um die Uhr und zu allen Tagen ein Taxi anzufordern, weil z. B. zu bestimmen Zeiten überhaupt kein ÖPNV-Angebot besteht, ist nicht Teil des Konzeptes ÖPNV-Taxi.

Vorteile eines ÖPNV-Taxi: es sind keine Investitionen in einen ÖPNV-Fuhrpark notwendig. Es fallen keine Personal-, keine Betriebs- und keine Instandhaltungskosten an. Es wird auch kein Wettbewerb zum ÖPNV aufgebaut, sondern eine Ergänzung. Aber die Differenz zwischen dem regulären ÖPNV-Tarif und dem Taxi-Tarif ist zu begleichen. Die Differenz wird besonders hoch, wenn die Taxifahrt nicht als Sammelfahrt gebündelt werden kann und für nur eine Person der Taxipreis abzüglich des zu entrichtenden ÖPNV-Tarifs anfallen würde. Eine sozial ausgewogene aber auch wirtschaftlich tragbare Tarifstruktur mit vertretbaren Zuschlägen für die Nutzerinnen und Nutzer ist hier die Herausforderung. Und ein ÖPNV-Taxi-Konzept setzt auch ein entsprechendes Angebot der Taxi-Unternehmen voraus – bzw. es ist in Kooperation zu schaffen. Bei der regionalen Taxidichte kein einfaches Unterfangen.

Eines hat die bisherige Befassung der AG Nachhaltigkeit mit neuern Mobilitätskonzepten gezeigt: Es gibt keinen Königsweg und schon gar keine einfache Lösung für das Ziel, öffentliche Verkehrsmittel zu erweitern – nachhaltig und zu vertretbaren Kosten. Was möglich sein kann, daran ist weiter zu arbeiten.

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